Die Höhle des Bruderlochs und seine Umgebung stellen einen einzigartigen Flecken im Kanton Thurgau dar. Um diesen magischen Ort ranken sich Geschichten und Legenden. Das genaue Alter und die Erbauer der Höhle sind bis heute unbekannt. Die Informationstafel soll den Wissensstand zum Bruderloch festhalten und dem Besucher ein Bild der geologischen und historischen Entstehungsgeschichte liefern. Das Betreten der Umgebung des Bruderlochs verlangt im steilen Gelände eine gewisse Trittfestigkeit. Tragen Sie deshalb zu sich und Ihren Kindern Sorge.
Geologische Entstehungsgeschichte

Das Bruderloch befindet sich am Osthang des tief in die Landschaft eingeschnittenen Itobels.

Das Einzugsgebiet des Itobelbachs reicht  bis nach Hosenruck hinauf. Die steilen Tobelflanken werden durch Felsschichten der Oberen Süsswassermolasse gebildet. Es handelt sich dabei um Knauersandstein, Nagelfluh und Mergel. Diese drei Schichten treten wiederholt in Wechsellagerung auf. Folgt man dem schmalen Pfad zur Höhle hinunter, steigt rechter Hand eine steile Felswand aus Knauersandstein zur Feuerstelle hin an. Der Knauersandstein verdankt seinen Namen der oft knollig-knorrigen Felsoberfläche. Die dabei herausschauenden Sandsteinteile werden darum “Knauer” genannt. Beim Höhleneingang treten an der Untergrenze  des Knauersandsteins vermehrt Kiesgerölle auf, die sich zu einer eigentlichen Nagelfluhschicht entwickeln. Die Höhle wurde entlang dieser Nagelfluhschicht gegraben. Unter der Nagelfluh des Bruderlochs lagern Mergelschichten. Die genannten Felsschichten haben ein Alter von rund 13 Millionen Jahren. Damals entstanden durch Gebirgsbildungskräfte die Alpen. Durch grosse Flüsse wurde der Abtragungsschutt (Kies, Sand, Ton) ins Vorland transportiert. Aus den losen Ablagerungen Kies, Sand und Ton entstanden in Jahrmillionen die Molassegesteine Nagelfluh, Sandstein und Mergel.

Vor 25'000 Jahren stiess während der Würmeiszeit der Rheingletscher in den Bodenseeraum vor. 5'000 Jahre später erreichten die Eismassen die Gegend um Schaffhausen. Damals lag über dem Bruderloch ca. 250 m dickes Gletschereis. Zwischen dem Eis und der Felsunterlage bildete sich eine Moränenschicht. Vor rund 15'000 Jahren schmolz das Gletschereis bis auf eine Linie von Kreuzlingen - Langrickenbach - Sulgen - Zihlschlacht - Häggenschwil zurück. Seither hat sich der Itobelbach tief in die Moräne und Molasseschichten entlang Terrassen eingegraben und den Erosionsschutt dem Furtbach und der Thur zugeführt.

Die Tobelhänge sind meistens stark verrutscht. Die Rutschungen gleiten oft während intensiven Niederschlägen an den steilen Felshängen ab. Es handelt sich dabei um einen natürlichen Erosionsprozess. In unmittelbarer Nähe des Bruderlochs ereigneten sich solche Spontanrutschungen letztmals im Jahr 1995.

Historische Entstehungsgeschichte
Vor dem 19. Jahrhundert wurde das Bruderloch auch als Heidenhöhle bezeichnet. Dadurch kann die Höhlenbildung in die vorchristliche Zeit datiert werden. Der bekannte Thurgauer Archäologe Keller-Tarnuzzer hat zudem im First der Höhle Pickelspuren (scharfe Hieb- und flache Meisselspuren) festgestellt, die er den Erbauern der Bruderlochhöhle zuschreibt. Nach ihm sind entsprechende Pickelwerkzeuge (Spitzhaue) erst in der nachrömischen Zeit  aufgetaucht.

Fehlende Kulturfunde und die niedere Bauweise der Höhle schliessen eine Wohnhöhle und die Nutzung als Vorratskammer aus. Aufgrund von altarähnlichen Nischen kann eine  Kultstätte nicht ausgeschlossen werden. Wegen der Bauart und der schlechten Zugänglichkeit der Höhle ist jedoch der Zweck des Bruderlochs als Zufluchtshöhle sehr wahrscheinlich. Interessant ist dabei das kleine Kalktuffbecken mit austretendem Quellwasser, welches trotz bescheidener Ergiebigkeit pro Tag gute 50 bis 100 Liter Trinkwasser liefert und so genügend Wasser für mehr als 30 Personen bereitstellt.

Brauchtum, Sagen und Märchen
Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde am ersten Maisonntag beim Bruderloch ein Frühjahrsfest mit Tanz, Gesang, Jahrmarktsbetrieb, Speis und Trank gefeiert. Im Bruderloch wurde dann bei Kerzenlicht ein stark rauchendes Feuer entfacht. Eine Sage  spricht von einem Einsiedler (Bruder Friedrich von Nürenberg), der als Geächteter Zuflucht in einer Waldschlucht zwischen Schönholzerswilen und Hagenwil gefunden hatte. Es sollen auch Heinzelmännchen im Bruderloch gehaust haben, die den Bauern bei der schweren Arbeit halfen und ihnen in goldenem Geschirr auch zu essen brachten. Weil ein Bauer das Goldgeschirr gestohlen hatte, verschwanden die emsigen Helfer für immer. Ein anderes Märchen erzählt die Geschichte, dass ein im Bruderloch wohnender Mann einer Hebamme für ihre Dienste an seiner Frau mit Steinbrocken gedankt habe. Die Helferin warf diese aber bis auf einen Stein achtlos weg. Am nächsten Tag hatte sich dieser in pures Gold verwandelt. Die anderen Steine fand die Frau nicht wieder. Sie waren alle verschwunden.


Für weitere Informationen und zur Einsicht: KELLER-TARNUZZER KARL, Das Bruderloch bei Schönholzerswilen, und die verwandten künstlichen Höhlen in Mitteleuropa, Separat-Abdruck aus "Thurgauer Beiträge zur vaterländischen Geschichte", 61. Heft, Frauenfeld 1924.
Bruderloch
8577 Schönholzerswilen