Hagenwil/Wartenwil
Diesen Aufschwung für das Dorf am Nollen hatte eine grosse Stickerei, südlich der jetzigen Liegenschaft Meyenberger gelegen, gebracht, welche in den besten Jahren bis zu 100 Personen beschäftigte. Meist Frauen aus der Region Wuppenau-Welfenberg-Häusern-Toos fanden hier eine willkommene Arbeit. Für die Fabrikarbeiter wurden damals sogar eine Krankenkasse gegründet. Zu Beginn der 20er-Jahre ging dieses Unternehmen, infolge schlechter Leitung angeblich, in Konkurs. Heute wohnen gerade noch gut 40 Einwohnerinnen und Einwohner in Hagenwil und nur drei Familien sind noch vollzeitlich in der Landwirtschaft beschäftigt. Im Verlaufe der letzten zwanzig Jahre hat sich da Dorflegen stark verändert: Der "Tante Emma Laden" wurde aufgelöst, die Poststelle aufgehoben und Herr und Frau Schlatter haben altershalber den Bäckereibetrieb in der Linde aufgegeben – zum Bedauern vieler Leute aus nah und fern, welche das feine Holzofenbrot sehr schätzten.
In Hagenwil wurde das Wasser für Mensch und Tier aus zwei Gampbrunnen geholt. So war der Kontakt unter der Dorfbevölkerung sehr intensiv, denn man traf sich regelmässig beim Wasser holen. Erst um 1865 wurde der erste Brunnen mit Quellwasser errichtet. 1899 dann wurde eine neue Wasserversorgung mit Reservoir, grossen Gussleitungen und Hydranten erstellt und in den Haushaltungen gab es von nun an fliessendes Wasser. Aber bald schon stellte sich Wasserknappheit ein, ein Problem, das erst in jüngster Zeit, 1977 nämlich, mit dem Bau der Gemeindewasserversorgung gelöst werden konnte. Damit hätte die Hagenwiler Wasserkorporation eigentlich ausgedient gehabt, sie blieb aber weiter bestehen und pflegt jenen Rest der alten Anlagen, welcher nicht an die Gemeinde abgetreten worden ist, vor allem aber die Geselligkeit. An der jährlichen "Wassergemeinde" wird gespielt, gerätselt und fein gespeist. Zum Gaudi der Hagenwiler versteigert der "Gantrufer" Karl Meyenberger gekaufte oder gespendete Gegenstände. So brachte eines der letzten Holzofenbrote aus der Bäckerei Schlatter fünfundzwanzig Franken in die Vereinskasse.
Der Weiher
Zwischen den beiden Dörfern Hagenwil und Wuppenau erstreckte sich ein grosser Fischweiher, der, wie das Dorf Wuppenau, dem Kloster St.Gallen gehörte. Dieser Weiher diente auch als Wasserspeicher für die Säge und die Mühle im Hugentobel, welche am Bach in Richtung Zuzwil lag. Um 1830 dann wurde der künstliche Damm vor Wuppenau durchbrochen und das grosse Moorgebiet im Verlaufe der Zeit landwirtschaftlich genutzt. Unter der Leitung des kantonalen Meliorationsamtes entstand in den zwanziger Jahren ein grosses Entwässerungsprojekt. Die Arbeiten wurden ausschliesslich von unterstützungsberechtigten Arbeitslosen ausgeführt, welch dafür etwa 80 Rappen pro Stunde erhielten. 1936 konnte dieses Werk vollendet werden.
Wartenwil
Nördlich von Hagenwil liegt an der verkehrsreichen Verbindungsstrasse Kreuzlingen/Konstanz-Wil der kleine Weiler Wartenwil. Zwei Bauernhöfe, die in dritter und vierter Generation von den gleichen Familien bewirtschaftet werden, zwei Einfamilienhäuser und das alte Schulhaus bilden eine kleine Gemeinschaft.
In der Gesamtschule der früheren Schulgemeinde Hagenwil waren bis zu 60 Kinder in der gleichen Stube unterrichtet worden. Nach dem Zusammenschluss mit Wuppenau im Jahre 1971 ist es in Wartenwil viel ruhiger geworden. Das Schulhaus ist mittlerweilen in Privatbesitz. Im Jahre 1992 dann wurde Wartenwil noch einmal bekannt: Walter Müller holte sich mit seinen Turnierpferden den Titel eines Schweizermeisters im Gespannfahren.
Ein Dorforiginal
"Vor Zeiten war Wartenwil wohl beinahe im ganzen Kanton herum bekannt. Der Schweinehändler Albert Rusch war eine bekannte und geschätzte Persönlichkeit, die heiter und humorvoll seinen Geschäften nachging. Lange transportierte er seine Ferkel in alten grossen Amerikanerautos. Er war ein Original, wie es heute nur noch wenige gibt, aber tüchtig und fleissig in seinem Beruf. Er hatte es gerne gemütlich und sass bisweilen bis tief in die Nacht hinein mit Freunden zusammen bei einem guten Tropfen. Und wenn er dann spät nach Mitternacht durch die stillen und ruhigen Dörfer und Weiler fuhr, überkam ihn Erbarmen mit all den armen Leuten, die das halbe Leben verschlafen, statt Gemütlichkeit zu pflegen. Ihm war dann, als könne er ruhig mit 60 Jahren sterben. Er habe dann immer noch mehr erlebt als all die braven, die den Vormitternachtsschlaf für besonders wertvoll halten."
Zugehörige Objekte
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